Von Peter Kratky General Manager, European Channels Group – Germany
Am 22.10.1938 war es endlich soweit: in einem eigens im New Yorker Viertel Astoria angemieteten Zimmer (seine Schwiegermutter hatte die heimischen Experimente mit Schwefel satt und drohte mit dem Nudelholz) gelang Chester Carlson die erste Fotokopie der Welt. Wie viele andere geniale Erfindungen wurde auch dieser technische Meilenstein aus der Not geboren. Vier Jahre zuvor, im Sommer 1933, hatte Carlson als Folge der Wirtschaftskrise seinen Job in der Patentabteilung der Bell Telephone Laboratories verloren und begab sich verzweifelt auf die Suche nach einer neuen Stelle. Fündig wurde er nach einigen Wochen bei P.R. Mallory, einem Hersteller von elektrischen und elektronischen Bauteilen, der ihm ebenfalls eine Stelle in der Patentabteilung anbot. Da die dortige Arbeit zu einem großen Teil darin bestand, unzählige Texte und Zeichnungen mühsam mit Schreibmaschine und Kohlepapier oder mittels aufwändiger fotografischer Verfahren zu kopieren, fragte sich Carlson, ob es nicht einen eleganteren Weg geben könnte und begann zu recherchieren.
Es vergingen lange, fruchtlose Monate, bis er in einer öffentlichen Bücherei endlich auf den entscheidenden Hinweis stieß: den Einfluss von Licht auf die elektrischen Eigenschaften bestimmter Materialien. In Carlson reifte so der Plan, durch Lichteinwirkung auf einen geeigneten Stoff Elektrizität erzeugen und diese zur Erzeugung von Kopien nutzen. Die ersten Versuche scheiterten kläglich, doch am besagten 22. Oktober führte eine heute etwas seltsam anmutende Versuchsanordnung, die im Wesentlichen aus einer schwefelbeschichteten Zinkplatte, einem Taschentuch und aus einem traditionell zur Behandlung von Hautkrankheiten verwendeten Moosgewächs bestand, zum Erfolg, der in der obigen Abbildung festgehalten ist.
Es sollten allerdings noch viele weitere Jahre vergehen, bis ein kleines Unternehmen namens Haloid das ganze Potenzial der von Carlson unter dem Namen „Electrophotography“ patentierten Erfindung erkannte. Dass dieses kleine Unternehmen das Verfahren dann in „Xerography“ umbenannte und sich aufgrund des Erfolgs der neuen Wundertechnik Ende der 50er Jahre gleich selbst den Namen Xerox gab, ist dann das Verdienst eines des Altgriechischen mächtigen Hochschullehrers: xeros=trocken; graphoin=schreiben.
Ihr Peter Kratky