Neun Ideen für ein kreatives Pricing

von Gastbeitrag Max Bertl

Innovation ist ein Garant, um in hart umkämpften Märkten zu bestehen. Der Begriff wird dabei meist mit neuen Produkten und Services assoziiert. Sich über Innovationen vom Mitbewerb abzusetzen, ist jedoch auch auf anderen Gebieten möglich. Dazu zählen etwa neue Vertriebs- und Marketingmethoden, neue Partnerschaften oder ein gänzlich generalüberholtes Business-Modell. Ein meist übersehenes Feld für innovative Ansätze, welches aber für die Kunden den höchsten Aufmerksamkeitswert besitzt, ist das Pricing. In der Regel wird hier nach Schema F verfahren: Die Verkaufspreise finden sich in einer offiziellen Preisliste wieder, auf deren Basis dann spezielle Deals, Sonderangebote oder individuell zu verhandelnde Konditionen kalkuliert werden. Das es auch anders geht, beweisen folgende Beispiele, die vielleicht eine Inspiration für ihr Business sein können:

1. Verwandeln Sie Ihre Produkte in Dienstleistungen

Gleich zu Beginn ein großer Name: Rolls Royce. Jahrzehntelang verkaufte das Unternehmen erfolgreich Flugzeugtriebwerke und erzielte seine Erlöse anschließend hauptsächlich durch den Verkauf von Ersatzteilen und Wartungsdienstleistungen. Mit der Einführung eines „Total Care“ genannten Service Packages änderte Rolls Royce sein Business Modell. Bei Total Care werden RR-Kunden die tatsächlichen Flugstunden berechnet, welches für beide Parteien hoch attraktiv ist. Rolls Royce verdient an der Zuverlässigkeit seiner Motoren, die Kunden reduzieren ihre Kosten im Fall von Ausfallzeiten.

2. Die Nachfrage steuert den Preis

Bei Hotels und Fluggesellschaften ist dieses Modell schon seit Jahrzehnten gang und gäbe: Werden Kapazitäten nicht ausgelastet, sinkt der Preis – und das auf tagesaktueller Basis. Selbst in die Gastronomie hat dieses dynamische Pricing schon Einzug gefunden. So gibt es in mehreren deutschen Städten „Bierbörsen“, in denen man je nach Tageszeit und Nachfrage bestimmte Marken besonders günstig erhält.

3. Auktionspreise

Dabei handelt es sich um die Turboversion des vorgenannten Modells, die beispielsweise von Google praktiziert wird. Dort werden AdWords-Anzeigen nicht zum Festpreis angeboten, die Werbetreibenden steuern vielmehr über ihre Maximalgebote, wie hoch ihre Anzeige im Google Ranking auftaucht.

4. Das Rasierer und Klingen-Prinzip

Das erste Unternehmen, das diese Idee umsetzte, war Gillette. Während die Rasierer mit Verlust auf den Markt geworfen wurden und so millionenfach verkauft wurden, sprudelten die Gewinne beim anschließenden Verkauf von Klingen umso kräftiger. Ausnahmslos alle Anbieter von Druckern und Kaffeekapselautomaten fanden hier ihre Inspirationsquelle.

5. Bundling oder Unbundling

Je nach „Anwendungsfall“ kann beides höchste erfolgreich praktiziert werden. Anbieter von Kreuzfahrten sind beispielsweise klassische „Bundler“: Für den Kauf eines Tickets erhält man einen All Inclusive Service, der Essen, Getränke und Unterhaltungsangebote einschließt. Entgegengesetzt verfahren Billig-Airlines: Hier erhält man sein Flugticket besonders günstig, zahlt dann aber für Zusatzleistungen extra.

6. Pay what you can

Was nach geschäftlichem Harakiri klingt, hat sich in vielen Bereichen ohne Verluste für die jeweiligen Anbieter bereits durchgesetzt. Eines der prominentesten Beispiele ist priceline.com. Auf dem Portal kann man sein Maximalgebot für eine Hotelübernachtung, eine Reise oder einen Mietwagen hinterlegen und darauf warten, dass ein Anbieter den Zuschlag erteilt.

7. Jemand anderes übernimmt die Rechnung

Klingt utopisch, ist aber ein gängiges Geschäftsmodell. In den meisten Großstädten gibt es so kostenlose Zeitungen, die von unzähligen Pendlern gelesen werden. Das Geld dafür bringen werbetreibende Unternehmen auf, die so ihre Zielgruppe perfekt erreichen können. Ein noch interessanteres Beispiel bietet das Schweizer Unternehmen Vestergaard mit seinen vorwiegend in der Dritten Welt eingesetzten Lifestraw-Wasserfiltern. Da sich dort die auf sauberes Trinkwasser angewiesenen Menschen die Geräte nicht leisten können, erzielt das Unternehmen seine Erlöse aus den Kompensationen, die im Rahmen des Klimaschutzprogrammes für die Vermeidung des ansonsten notwendigen Abkochens des Trinkwassers ausgeschüttet werden.

8. Gutscheine und Discount-Codes

Gutscheine sind nun wahrhaftig kein Neuland, aber sie werden heute immer kreativer und zielgruppenspezifischer eingesetzt. So gehen immer mehr Restaurants dazu über, per Email Kunden, die schon längere Zeit nicht mehr zu Gast waren, mit Gutscheinen zu reaktivieren. Die Nutzung von Social Media-Plattformen bietet sich für dieses Target-Marketing per Discounts besonders an. Der Vorteil: Indem die Rabatte sehr gezielt an bestimmte Gruppen kommuniziert werden können, werden dadurch die Standardpreise nicht aufgeweicht.

9. Änderung des Nutzenversprechens

Hierzu ein Beispiel aus Russland: Das Moskauer Clockface-Café berechnet jedem seiner Gäste 2 Rubel pro Minute Aufenthalt, Kaffee und Gebäck sind dabei frei. Die geniale Erkenntnis hinter diesem Geschäftsmodell: Der wirkliche Mehrwert, den ein Café anzubieten hat, ist gar nicht der Kaffee, sondern die Möglichkeit, sich in angenehmem Rahmen zu unterhalten oder im Web zu surfen.

Über den Autor
Max Bertl ist Mitinhaber der auf Leadgenerierung und Marketing Automatisierung spezialisierten Münchner Agentur Leadstream. Zuvor war er viele Jahre für große IT-Unternehmen wie Apple und Intel in vertrieblichen Führungspositionen tätig.

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